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Reutlinger Wochenblatt :: 10.07.2003
Ein Wengerter an der Achalm
SEBASTIAN
Was lange währt, wird endlich wahr! Dies gilt
auch für den Betzinger Neuwengerter« Gerhard Henzler mit seinem
teilweise umstrittenen Vorhaben am Reutlinger Hausberg wieder Wein anzubauen.
»Viel Feind, viel Ehr« hat seine Parole geheißen. Der
Grundbesitzer wollte es allen zeigen, vor allem denjenigen, die sein Vorhaben
von vorneherein zum Scheitern verurteilt sahen.
Warum eigentlich, wird sich heute so mancher Zeitgenosse
fragen, der die gepflanzten tausend Weinstöcke im Henzler'schen Weinberg
wie Soldaten aufgereiht sieht. Bei Henzlers Weinberg handelt es sich um
keine Konkurrenz zum
städtischen Weingut weiter draußen in Richtung Südbahnhof.
Jahrelang hat Gerhard Henzler nicht nur seine ganze Kraft und sein Geld
in dieses Vorhaben gesteckt, mit den Behörden um das Pflanzrecht
gekämpft, bis sein Traum vom eigenen Wein
berg nunmehr wahr geworden ist. Gar mancher hätte längst nicht
die Flinte ins Korn, sondern die Rebschere auf den Acker geworfen, hätte
seinen Kittel angezogen und die Stätte des drohenden Misserfolgs
verlassen. Nicht so der Betzinger Dickschädel Gerhard Henzler. Allein
schon dafür gebührt ihm die Bürgermedaille. Nun haben sich
ihm Wissenschaftler aus Hohenheim zur Seite gestellt, nachdem ihn zuvor
Wengerter aus Tübingen unterstützt haben. In 450 Meter über
dem Meer auf hartem Opalinus-Ton müssen die Rebstöcke jetzt
den Beweis antreten, dass sie der Witterung standhalten und nach drei
Jahren auch erstmals Trauben tragen. Nun also wird am Reutlinger Hausberg,
der Achalm, nach alter Tradition wieder Wein angebaut. Aber nicht nur
Reben allein, sondern auch fünfzig hochstämmige Obstbäume,
Trocken
mauern und Steinriegel aus Natursteinen sind angelegt worden. Der Boden
soll mit Wildblumen begrünt werden. Auch ein ca. hundert Quadratmeter
großes Feuchtbiotop wird es geben. Die Grundstücksgrenzen werden
mit Benjes-Hecken bepflanzt. Nach enormen Investitionen ist es zu verstehen,
dass Henzler auf Einnahmen angewiesen ist. Rebenleasing heißt die
Parole. Jeder Bürger kann sich seinen Rebstock sichern (mindestens
jedoch 5 Stück), wenn er dafür 23 Euro im Jahr bezahlt. Bei
guten Voraussetzungen sind 2 - 3 Flaschen pro Jahr und je Stock »eigenen
Weines« dann der Lohn für solcherart Bemühungen.
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