Initiative Reutlinger Wein - Pressestimmen
   
  Reutlinger General-Anzeiger

Vorbildliche Wachstumsrate

Von Holger Dahlheim
 
© FOTO: NIX
REUTLINGEN. Er schafft mächtig in den Edelstahlbottichen im Gewölbekeller in der Krämerstraße, der junge Schiller. Ebenso emsig perlt der Most, den Gerhard Henzler an diesem Mittag auf Glasballons gezogen hat und seinen Gästen kredenzt. Das wird ein guter Jahrgang, verspricht der Probeschluck. Und was den Ertrag angeht: 180 Liter im letzten Jahr, 400 Liter in diesem – von solchen Wachstumsraten können Wirtschaftsbosse vielleicht träumen, erzielt aber hat sie der (Hobby-)Winzer an der Sommerhalde. Sein Wengert wächst und gedeiht.

Sehr zur Freude der Rebstock-Paten, die rund 300 der 1 069 hoffnungsvollen Pflänzchen »geleast« haben. Reichte die erste Lese 2005 gerade mal für zwei Fläschle pro Fünf-Reben-Share, sollten es heuer mehr als doppelt so viele werden. »Vom eigenen Wein!«, dürfen sich die Freunde des alternativen Reutlingers freuen, wenn sie ihre Viertele schlotzen. Portugieser oder Müller-Thurgau vom städtischen Weinberg kaufen, das kann ja jeder...

Die beiden dankbaren Rebsorten baut auch Gerhard Henzler an, und Dr. Nikolaus Merkt von der Hohenheimer Uni liefert »sozusagen den theoretischen Überbau«. Zur vollmundigen Cuvée hat er drei weitere Zutaten empfohlen: gehaltvoller Chardonnay, ergiebigen Schwarzriesling und soliden Spätburgunder. Zusammen gekeltert, ergeben die Fünfe einen so genannten Schiller – einen Wein von hellem Rot (aber nicht rosé!). Der trübe Most ist rubinrot.

85 Grad Öchsle sind eine solide Basis für einen ordentlichen Tropfen. Für den Ausbau hat Gerhard Henzler ebenfalls einen Fachmann zur Seite, Küfermeister Karl Schall. Wer den autonomen Sommerhäldler verkosten will, muss sich noch etwas gedulden. Doch zum nächsten »Neigschmeckt«-Markt soll er wieder zu haben sein.

Schwer genug geackert – im wahrsten Sinne – hat Henzler ja für seinen Wein. Erst hat er der EU und ihren kleinkarierten Vorschriften die Lizenz für neue Anbauflächen an der Achalm abringen müssen, dann dem verwilderten Wengert den Boden für neue Reben, bevor er vor drei Jahren die ersten Stöcke setzen konnte. Doch während Ehefrau Gudrun nun erst mal die Früchte genießen möchte, träumt ihr Gesponst schon von neuen Winzertaten. Ein Kontigent für 13 Ar mehr hat ihm die EU ja schon zugestanden, Brachland am Hang unterm Scheibengipfel gibt es auch – da ließen sich doch locker noch mal 500 Rebstöcke setzen. Genug, um in absehbarer Zeit auch mal puren Chardonnay oder Schwarzriesling zu keltern?

   
 

   
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